Monday 22 October 2012

Taj Mahal und ein Kamel


Ja, wir sind da gewesen und haben es mit eigenen Augen gesehen – das Taj Mahal. Es ist eindrücklich, fast ein wenig ausserirdisch.
Es ist natürlich sehr touristisch, mit den Kamelrikschas, die auf Kunden warten, den obligaten Souvenirverkäufern und den vielen Touristengruppen, die alle einen Führer in ihrer Sprache haben – chinesisch, deutsch, italienisch, spanisch, französisch und all die Sprachen, die ich nicht erkennen kann. 

Den tiefsten Eindruck hinterlässt wirklich der Moment, wenn man in das erste Tor eintritt und plötzlich das Taj Mahal in seiner weissen Pracht erscheint, gerahmt vom roten Sandstein des ersten Tors. Ein grösserer Kontrast ist fast nicht vorstellbar, und man kann nur staunen über die effektvolle Inszenierung. So viel weisser Marmor in der Vormittagssonne – man möchte lange hinschauen und muss doch immer wieder die Augen abwenden -  das weisse Mausoleum blendet einen total. 

Und die Leute? Sie wollen und sollen alle vom gleichen Punkt aus DAS Foto des Taj Mahal machen, eben das, was auf allen Postkarten schon drauf ist. Und dann stellen sie sich vor dem Taj Mahal auf und wollen fotografiert werden. Und drittens setzen sie sich auf eines der Bänklein (oder stehen drauf, je nach Grösse) und strecken die Hand aus, so dass es aussieht, wie wenn sie das Taj Mahal mit den Fingerspitzen halten würden. iPhones sind gross im Kurs,  natürlich viele DSLR-Kameras, und am lustigsten, weil ungewohnt, die iPad-Fotografen. 
Schön am Taj Mahal sind die Einlegearbeiten und die unendliche Formen- und Mustervielfalt. 
Wir lassen uns durchschleusen, und auf der Terrasse hinter dem Taj Mahal, im Schatten, mischen sich dann die Ausländer und die Inder wieder. 
 Die Ausländer haben Vliesüberzüge für die Schuhe bekommen, die Inder sind barfuss, und jetzt müssen sie ihre Schuhe von den organisierten Haufendeponien wieder holen.
 
Wir haben ein kleineres Problem mit dem Taxifahrer – er hat kurz vor dem Taj Mahal einen Mann einsteigen lassen, der von der Taxifirma angestellt sei, um den Fahrer zum Taj Mahal zu lotsen. Ha! Wir haben nach langem Weigern nachgegeben, aber es war natürlich ein Scam, und der Typ wollte uns volllabern und nachher in die Marble Shops abschleppen. Da hatte er aber Pech, Alex hat ihn dann weggeschickt. Wir haben wieder etwas gelernt.

Anschliessend lassen wir uns am Fort von Agra absetzen, und das ist ein Fest für die Augen. 
 
Farben, Formen, Details, überraschende Ein- und Aussichten, bis wir fast umfallen vor Müdigkeit. Die Vielfalt der Pflanzenmuster und abstrakten Formen scheint unendlich, und wir versuchen, ohne Erfolg, eine Wiederholung zu finden. Was vermtulich eher auf unsere Konstitution und Übersättigung zurückzuführen ist.
Durch ein Gitter gesehen

Lapislazuli?

Hier etwas Spezielles: Eine Reisebadewanne, aus Stein gemeisselt. Sie wurde tatsächlich Auf Reisen mitgenommen, links sieht man noch zwei Treppenstufen. Der Rand liegt einiges über  meiner Augenhöhe.
 
Das Fort ist alt, es wird 1080 erstmals erwähnt. Am bekanntesten ist die Geschichte um den Diamanten Koh-i-Noor, der vom einen zum andern Herrscher ging, manchmal unter seltsamen Umständen, und schliesslich in den Kronjuwelen der Königin von England endet. Humanyun ist hier gekrönt worden, und sein „Tomb“ in New Delhi ist im Grundriss genau gleich  wie das Taj Mahal, aber kleiner und mehrheitlich aus rotem Sandstein. Wir sind da in den Genuss einer Führung durch den Projektleiter der Aga Khan-Stiftung gekommen, dank des Besuches von Bundesrat Berset. Die Stiftung renoviert dieses Tomb, unter anderem das ausgeklügelte Wassersystem – mit einem Gefälle von 1 cm über 40 Meter, und das konstruiert über 7 Schichten. Über 70 Steinmetze arbeiten an der Restaurierung der Fassade und der Fenster. 
Botschafter von Castelmur in Humayun's Tomb

An einem dieser „Lüftungsfenster“ arbeiten 5 Steinmetze etwa 3 Monate. Zuerst wird das Muster auf den Stein übertragen, dann bis zur Hälfte herausgemeisselt, dann wird der Stein gedreht, wieder das Muster übertragen und dann wird die zweite Hälfte herausgemeisselt. Und – es passt perfekt zusammen. Das wäre doch was für den nächsten Steinhauerkurs an der Kunstschule in Wetzikon!

 
Steinmetze im Fort von Agra
Auch das Fort von Agra wird restauriert: Steinmetze arbeiten beim Eingang an der Rekonstruktion der Bodenplatten. Alles von Hand und in Kauerstellung. Die einzelnen Sandsteinplatten schleppen sie zuerst auf einem Karren hinauf (dazu sind vier Männer nötig), meisseln sie in Form und tragen sei dann mit speziellen Drahtseilen an die richtige Stelle. 


So viele Touristen! Ich muss schon sagen, wir Westler fallen ästhetisch nicht gerade positiv auf – verschwitzt, rote Gesichter, schlappe Gestalten, hängende Schultern – neben den Indern und vor allem den Inderinnen, denen die Hitze offenbar nichts anhaben kann und die elegant und leicht durch die Räume gehen, aufrecht, mit geraden Rücken. Ich trainiere jetzt mit einem Buch auf dem Kopf – an den Eimer Wasser getraue ich mich noch nicht. Weniger Rückenschmerzen, mehr Eleganz.
 

 
Und hier der Beweis, dass ich tatsächlich da war:

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