Monday 29 October 2012

Dharamshala ohne Dalai Lama


 Am Tag - jetzt haben wir schon den 24. Oktober - sehen wir erst richtig, wie steil die Strassen hier sind, wie eng und kaputt. Der Verkehr ist halsbrecherisch, aber mittlerweile sind wir das ja gewöhnt. Das ist jetzt also die Stadt, in der der Dalai Lama residiert. Über Nacht ist der erste Schnee gefallen - es erinnert an die Alpen.

Dharamshala liegt auf ca. 1800 Metern,  mit steilen Bergen im Hintergrund – die Hotels werben mit der Aussicht auf die Berge,  hier im Abendrot.

McLeodganj Main Square


Alle Hotels sind ausgebucht, denn der Dalai Lama kommt am Sonntag von einer US-Tournee zurück und wird Lectures für eine koreanische Gruppe halten.  Man könnte vielleicht daran teilnehmen und seine Reden über ein FM-Radio empfangen, aber es haben sich schon so viele Leute angemeldet, dass wir darauf verzichten.

Viel Betrieb hier! Dunkelrot gekleidete Mönche, darunter viele Westler, schlendern durch die Gassen. Stand reiht sich an Stand. Das Angebot ist ganz auf die Touristen ausgerichtet. Ich fühle mich auf den Rosenhofmarkt in Zürich versetzt.
Die Stimmung ist eigenartig, ein wenig wie in Einsiedeln, wenn die Pilger und die Besucher einfallen, um die schwarze Madonna zu sehen. Überall werden Yoga- und Meditationskurse angeboten, Meditationskissen verkauft, Hotels werben mit der Nähe zum Dalai Lama-Tempel. 
Die esoterisch angehauchten Westler gehen mit diesem Ausdruck „ich gehöre hier dazu“ an den andern vorbei, bewusst die anderen Westler nicht wahrnehmend. Dieser Blick – „ich bin kein normal blöder Tourist, ich bin erleuchtet“ – fällt mir hier besonders auf. Das muss was Europäisches sein - man ist Tourist, will aber unbedingt nicht als solcher wahrgenommen werden. Soviel Abwehr muss anstrengend sein, die meisten sehen nicht so glücklich aus. Ich bin froh, einfach hier zu sein und schauen zu können. Aber - ganz frei von solchen Anflügen bin ich auch nicht: Ich friere, und eigentlich würde ich gerne eine tibetische Jacke kaufen, aber  -  ich sehe darin aus wie eine Ethnotouristin...

Der Tsuglagkhang, der Dalai Lama-Tempel, wird rege besucht, vor allem von Tibetern und Tibeterinnen. Sie beten einen Rosenkranz mit 108 Perlen, umrunden dabei den Tempel mehrmals und drehen dabei immer wieder die Gebetsmühlen. 
 


Es sind auffallend viele ältere Leute, alle in der typisch tibetanischen Kleidung. Jede Umrundung eines Heiligtums bringt karmische Verdienste. Zum grossen Entzücken von Alex quietscht eine der Gebetsmühlen. Auf dem Buddha-Altar (kann man das sagen? Die Religionen geraten mir durcheinander) sind Crackers aufgebaut, zentral eine grosse Büches mit "Fun Mix"! Das gefällt mir. Die tibetischen Mönche sind sehr zugänglich und freundlich, sie schwatzen gerne mal ein wenig, wenn sie nicht gerade auf dem Gebetsrundgang sind.

Unser Freund John Halpern hat einen interessanten Film über den Dalai Lama gemacht: http://www.refugefilm.com

 
Wir wandern etwas weiter und merken bald einmal, dass wir auf einem tibetanischen Pilger-Rundgang sind.

Nur sind wir in der falsche Richtung unterwegs, denn das sollte im Uhrzeigersinn geschehen. Hm, diese Touristen!!! Die Tibeter lachen, und Alex meint, das passe ja gut zu seiner Linkshändigkeit.


Diese Kuh bewegt sich wenigstens in der richtigen Richtung! Es gibt  viele Kühe, die frei herumlaufen und im Müll nach Nahrung suchen. Die meisten gehören jemanden, aber einige sind heimatlos, weil ihre Besitzer sie sich nicht mehr leisten können, oder weil sie  keine Milch mehr geben. Die Kühe können im Alter  weiter weiden und durch die Strassen spazieren. Die Leute nehmen Rücksicht und kurven auch im hektischen Strassenverkehr um sie herum, auch die streunenden Hunde werden respektiert. 
 






Sie werden offensichtlich gefüttert, das sieht man, und gut behandelt, also  keine Tritte oder Steinwürfe wie in anderen Ländern.

Es gibt aber auch "normale" Hundehalter, die spätabends ihre Hunde ausführen. Oft deutsche Schäfer.





Wir finden ein extrem gutes tibetanisches Thali,
serviert mit einem absolut kitschigen, 
aromatverdächtigen Sonnenuntergang:


Dann fahren wir  in unser Hotel Norling, davon später einige Fotos. Vielleicht kriege ich das Layout dann etwas besser hin, aber die Fotos sträuben sich, wenn ich sie umplatzieren will.

Sunday 28 October 2012

Le Corbusier und Bollywood

Wir fahren am 23. Oktober zum ersten Mal mit dem Zug, in einem komfortablen AC- Express mit reservierten Sitzplätzen, und zwar nach Chandigarh. Zuerst gibt es Tee, dann ein kleines Frühstück, und jedesmal pro Person eine kleine Thermoskanne mit heissem Wasser für den Tee. Es ist mir ein Rätsel, wie das die Schaffner in der Miniküche schaffen. Als Dessert gibt es zwei „Alpenliebe“- Bonbons! Nach jedem Essen kommt der Besenmann und wischt die Krümel und Papiere weg. Wir fahren an Slumquartieren von Delhi vorbei, wo die Leute gerade an der Morgentoilette sind, also die brachliegenden Grasflecken oder das Bahnbord als Toilette benützen. Die Frau vor sagt zu  ihrem kleinen Sohn: „Schau  jetzt nicht hinaus!“

In Chandigarh werden wir von den Rikschafahrern belagert, aber wir wollen mit dem Bus fahren. Wir schaffen es auch, nach vielem Fragen und allerlei unterschiedlichen Auskünften. Wir fahren zum Sektor 17, dann in den Sektor 8 und wollen eigentlich zum Secretariat und den typischen Corbusiergebäuden. Corbusier hat diese Stadt aus dem Nichts entwickeln können, ohne bereits vorhandene Strukturen, die seine Ideen eingeschränkt hätten. Der Grundriss ist  schachbrettartig, die Quartiere sind nummeriert, in sogenannten Sectors organisiert und sehr grosszügig und weitläufig konzipiert. Alle Gebäude sind im selben Stil, aus Beton und in der Norm dreistöckig gebaut, nur die staatlichen Gebäude oder rerpäsentativen Bauten sind höher.

 
Irgendwie landen wir dann im High Court, alles top secret natürlich, viel Polizei, immer mit dem Gewehr im Anschlag. Wir fragen, ob wir das Gebäude besichtigen können, aber sofort heisst es: Permit? Haben wir nicht.

Wir wollen schon wieder abzockeln, da meint der Polizist mit dem Gewehr, wir sollen ruhig rein gehen,  einfach das Gepäck draussen lassen, vor allem die Kameras. Die Macht hat klar mit der Waffe. Wir kommen in den ersten Stock, und da wird etwas von dem Monumentalen von Corbusier sichtbar – grosse, farbige Trennwände, sehr imposant, sehr schön – rot, blau, gelb, grün. 
Wir sehen auch die Hand und den Turm, den wir eigentlich anschauen wollten, wenigstens von weitem. Hier ein Bild vom Internet: 

Auf diesem Youtube-Film über Chandigarh bekommt man einen guten Eindruck:  http://www.youtube.com/watch?v=jPK9wmNH_CI


Weil heute ein Feiertag ist – Durehssa – ist alles geschlossen, aber wir bekommen doch ein Pepsi in einer zusammengebastelten Beiz unter einem riesigen Baum. Wir wandern auf der staubigen Strasse zur Bushaltstelle - es ist eigentlich überall staubig hier, deshalb sind die Flipflops am geeignetsten. Der Busfahrer meint,  der Rock Garden sei in der andern Richtung. Wir machen uns auf den Weg und suchen die andere Bushaltstelle, bis wir merken, dass wir direkt vor dem Rock Garden stehen. 
 
Die nächsten vier Stunden wandern wir durch eine Wunderwelt, aus Beton, Stein und Geschirrscherben geformt. 

Offenbar hat sich Nek Chand von Corbusier inspirieren lassen, was den Beton als Gestaltungselement betrifft. Die Formen stehen jedoch im totalen Gegensatz dazu – sie sind sehr naturnah und wirken organisch.

 Die Durchgänge lassen manchmal gerade eine Person passieren, und einige „Tore“ sind so niedrig, dass höchstens Achtjährige aufrecht durchgehen können. 



 


Auf einem grossen Platz essen wir Momos, und zack! sind wir von Schulmädchen umringt. „Hello! How are you?“  und dann – Fotos!!! Mit mir und Alex, nur mit Alex, nur mit mir, und jedes Mädchen hat ja ein Handy, also das Ganze etwa gefühlte hundertmal ... und dann kommt der Lehrer, setzt sich fast auf unsere Momos und will natürlich auch ein Foto mit uns beiden. Dann dasselbe noch mit einer Jungenklasse, die sind einiges aufdringlicher als die Mädchen (logisch) und sprechen schlechter englisch, und dann machen wir uns schleunigst auf den Rückweg.

Das letzte Wegstück ist bevölkert von Fantasiefiguren:


Und mitten in diesen Figuren diese Szene:
Endlich!
Wir sind tatsächlich in eine Bollywood-Produktion geraten! Es sei eine berühmte Schauspielerin, und die Szene besteht aus zwei Schritten, bis sie sich in die Arme fallen können. wichtig: DeieSonnenbrille.
Die Filmer sind sehr erfreut, dass sich Alex interessiert und auch filmt - in Amerika hätten sie uns schon längst abgeführt. Switzerland? Oh, sie hätten letztes Jahr auf dem Jungfraujoch gefilmt, seien in Genf und Bern gewesen – very beautiful country!
Filmcrew

Auf der Rückfahrt ins Zentrum sehen wir von den Corbusierbauten nicht gerade viel, denn die Strassen sind sehr breit angelegt und dicht von Bäumen gesäumt – man sieht fast keinen der Wohnblöcke. Es nimmt mich wunder, ob Corbusier wirklich die Vordächer und Lauben vergessen hat – ausgerechnet in Indien!  Nur im Sektor 17 sehen wir die einförmige Shoppingmeile mit den üblichen Reklameschildern - Sony, Toshiba usw. Sieht etwas langweilig aus, und überall bröckelt der Beton.
Unser Bus geht um 23.30, und nicht etwa vom Busbahnhof mit den über hundert Bussen, 
sondern offenbar bei einer Tankstelle. Wir überqueren einige Strassen, klettern über staubige Böschungen und Rabatten und dann warten wir. Mit gut einer Stunde Verspätung fahren wir los, dafür in einem Affentempo. Das spüren wir vor allem, als sich der Bus in die Kurven hinauf nach Dharamshala legt - ein bisschen wie die alte Strasse zum Gotthardpass, nur viel enger und viel schlechter, und die Leute fahren viel schneller. Der Fahrer, ein Sikh – stark vertreten im Verkehrswesen -  ist fantastisch. Er hält sich mit  CDs wach, einem faszinierenden Gesang, der fast nur auf einem Ton basiert. Von diesen wunderbaren Tönen eingehüllt, drifte ich einen Halbschlaf, von Kurve zu Kurve geschüttelt, und fühle mich wohl.

Monday 22 October 2012

Taj Mahal und ein Kamel


Ja, wir sind da gewesen und haben es mit eigenen Augen gesehen – das Taj Mahal. Es ist eindrücklich, fast ein wenig ausserirdisch.
Es ist natürlich sehr touristisch, mit den Kamelrikschas, die auf Kunden warten, den obligaten Souvenirverkäufern und den vielen Touristengruppen, die alle einen Führer in ihrer Sprache haben – chinesisch, deutsch, italienisch, spanisch, französisch und all die Sprachen, die ich nicht erkennen kann. 

Den tiefsten Eindruck hinterlässt wirklich der Moment, wenn man in das erste Tor eintritt und plötzlich das Taj Mahal in seiner weissen Pracht erscheint, gerahmt vom roten Sandstein des ersten Tors. Ein grösserer Kontrast ist fast nicht vorstellbar, und man kann nur staunen über die effektvolle Inszenierung. So viel weisser Marmor in der Vormittagssonne – man möchte lange hinschauen und muss doch immer wieder die Augen abwenden -  das weisse Mausoleum blendet einen total. 

Und die Leute? Sie wollen und sollen alle vom gleichen Punkt aus DAS Foto des Taj Mahal machen, eben das, was auf allen Postkarten schon drauf ist. Und dann stellen sie sich vor dem Taj Mahal auf und wollen fotografiert werden. Und drittens setzen sie sich auf eines der Bänklein (oder stehen drauf, je nach Grösse) und strecken die Hand aus, so dass es aussieht, wie wenn sie das Taj Mahal mit den Fingerspitzen halten würden. iPhones sind gross im Kurs,  natürlich viele DSLR-Kameras, und am lustigsten, weil ungewohnt, die iPad-Fotografen. 
Schön am Taj Mahal sind die Einlegearbeiten und die unendliche Formen- und Mustervielfalt. 
Wir lassen uns durchschleusen, und auf der Terrasse hinter dem Taj Mahal, im Schatten, mischen sich dann die Ausländer und die Inder wieder. 
 Die Ausländer haben Vliesüberzüge für die Schuhe bekommen, die Inder sind barfuss, und jetzt müssen sie ihre Schuhe von den organisierten Haufendeponien wieder holen.
 
Wir haben ein kleineres Problem mit dem Taxifahrer – er hat kurz vor dem Taj Mahal einen Mann einsteigen lassen, der von der Taxifirma angestellt sei, um den Fahrer zum Taj Mahal zu lotsen. Ha! Wir haben nach langem Weigern nachgegeben, aber es war natürlich ein Scam, und der Typ wollte uns volllabern und nachher in die Marble Shops abschleppen. Da hatte er aber Pech, Alex hat ihn dann weggeschickt. Wir haben wieder etwas gelernt.

Anschliessend lassen wir uns am Fort von Agra absetzen, und das ist ein Fest für die Augen. 
 
Farben, Formen, Details, überraschende Ein- und Aussichten, bis wir fast umfallen vor Müdigkeit. Die Vielfalt der Pflanzenmuster und abstrakten Formen scheint unendlich, und wir versuchen, ohne Erfolg, eine Wiederholung zu finden. Was vermtulich eher auf unsere Konstitution und Übersättigung zurückzuführen ist.
Durch ein Gitter gesehen

Lapislazuli?

Hier etwas Spezielles: Eine Reisebadewanne, aus Stein gemeisselt. Sie wurde tatsächlich Auf Reisen mitgenommen, links sieht man noch zwei Treppenstufen. Der Rand liegt einiges über  meiner Augenhöhe.
 
Das Fort ist alt, es wird 1080 erstmals erwähnt. Am bekanntesten ist die Geschichte um den Diamanten Koh-i-Noor, der vom einen zum andern Herrscher ging, manchmal unter seltsamen Umständen, und schliesslich in den Kronjuwelen der Königin von England endet. Humanyun ist hier gekrönt worden, und sein „Tomb“ in New Delhi ist im Grundriss genau gleich  wie das Taj Mahal, aber kleiner und mehrheitlich aus rotem Sandstein. Wir sind da in den Genuss einer Führung durch den Projektleiter der Aga Khan-Stiftung gekommen, dank des Besuches von Bundesrat Berset. Die Stiftung renoviert dieses Tomb, unter anderem das ausgeklügelte Wassersystem – mit einem Gefälle von 1 cm über 40 Meter, und das konstruiert über 7 Schichten. Über 70 Steinmetze arbeiten an der Restaurierung der Fassade und der Fenster. 
Botschafter von Castelmur in Humayun's Tomb

An einem dieser „Lüftungsfenster“ arbeiten 5 Steinmetze etwa 3 Monate. Zuerst wird das Muster auf den Stein übertragen, dann bis zur Hälfte herausgemeisselt, dann wird der Stein gedreht, wieder das Muster übertragen und dann wird die zweite Hälfte herausgemeisselt. Und – es passt perfekt zusammen. Das wäre doch was für den nächsten Steinhauerkurs an der Kunstschule in Wetzikon!

 
Steinmetze im Fort von Agra
Auch das Fort von Agra wird restauriert: Steinmetze arbeiten beim Eingang an der Rekonstruktion der Bodenplatten. Alles von Hand und in Kauerstellung. Die einzelnen Sandsteinplatten schleppen sie zuerst auf einem Karren hinauf (dazu sind vier Männer nötig), meisseln sie in Form und tragen sei dann mit speziellen Drahtseilen an die richtige Stelle. 


So viele Touristen! Ich muss schon sagen, wir Westler fallen ästhetisch nicht gerade positiv auf – verschwitzt, rote Gesichter, schlappe Gestalten, hängende Schultern – neben den Indern und vor allem den Inderinnen, denen die Hitze offenbar nichts anhaben kann und die elegant und leicht durch die Räume gehen, aufrecht, mit geraden Rücken. Ich trainiere jetzt mit einem Buch auf dem Kopf – an den Eimer Wasser getraue ich mich noch nicht. Weniger Rückenschmerzen, mehr Eleganz.
 

 
Und hier der Beweis, dass ich tatsächlich da war:

Wednesday 17 October 2012

Durga, Krishna und der Dämon

Der Taxifahrer hat ein Bild einer Gottheit auf dem Armaturenbrett. Es ist Durga, eine starke weibliche Göttin des Hinduismus, die in 108 Formen erscheint. Sie reitet auf einem Löwen und ist für viele Frauen eine wichtige Göttin - stark und durchsetzungsfähig.
Göttin Durga auf dem Löwen, mit 8 Armen als Zeichen der Stärke

Nächste Woche, am 24. Und 25. Oktober, wird Dussehra gefeiert, der Sieg des Guten über das Böse. Dabei werden Puppen verbrannt, die das Böse symbolisieren. Also ein wenig wie Sechseläuten. Dieses Fest fällt zusammen mit dem Fest für den Sieg der Göttin Durga über den Dämon Mahishasur.

Sandeeta fastet nach Hindutradition 9 Tage vor diesem Fest. Sie hat auch am ersten Tag Hafer in eine spezielle Kiste gesät, und dieser wird am 9. Tag dann Durga geopfert, wenn ich es richtig verstanden habe. Man sieht in den Strassen und bei den Tempeln bereits die Vorbereitungen für diese kommenden Feste, mitte November folgt dann Diwali. Es ist die beliebteste Jahreszeit, denn die grosse Hitze ist vorbei, und jetzt werden Geschäfte gemacht, man geht aus und trifft sich.
Es wird nachts langsam kühler, die Abende sind sehr angenehm, und die Leute sind gerne draussen. In unserm Park sitzen jeden Abend die Frauen zusammen und unterhalten sich, die Männer bilden eine eigene Gruppe. 
Stand für Dussehra

Die eine Nachbarin grüsst uns nun auch auf der Strasse. Angefangen hat es mit Augenkontakt von von Balkon zu Balkon , dann ein Lächeln beim Nachhausekommen, die Frauen sind mit ihren Kindern oft auf dem Balkon, damit sie sehen, was draussen so passiert.
Wir werden oft angesprochen, zum Beispiel von Rita, einer wunderschönen Inderin, die an der Highschool in der Nähe Geschichte unterrichtet. Sie hat uns gleich zu sich nach Hause eingeladen. In der Metro oder beim Einkaufen ergeben sich fast immer Gespräche, vor allem Alex wird von Männern angesprochen. Wenn ich mich einmische, sind sie oft verlegen, denn Inder sind es nicht so gewohnt, mit unbekannten Frauen zu sprechen. Das „male bonding“ ist sehr ausgeprägt, man sieht oft Männer Hand in Hand spazieren, auch Polizisten und Soldaten. (Nein, leider kein Foto, ich habe die beiden Polizisten nicht  erwischt.) Der interessanteste Kontakt war Gupta, der in echtem Bairisch und in fünf Minuten fast sein ganzes Leben erzählte. Er arbeitet als Tour Guide, wir werden ihn mal engagieren: New Delhi auf bairisch!

Tulsi
Unser Mitbewohner M. ist, im Gegensatz zu mir, ein Frühaufsteher. So hat er bemerkt, dass sich die Frauen auf den umliegenden Balkonen  jeden Morgen kurz vor einer Pflanze verbeugen und sie dann giessen. Es ist die Verehrung von Krishna, wei uns Vidya erzählt, der sich in „Tulsi“, dem indischen  Basilikum oder „Holy Basil“ , manifestiert. Tulsi ist auch als Heilpflanze sehr verbreitet, es gibt mindestens 15 Anwendungen. Auf fast jeder Terrasse oder jedem Balkon steht deshalb eine Tulsi, und meistens, gleich daneben, eine Curryblätterpflanze, die wird zum Kochen gebraucht. 

Unsere Nachbarin hat eine Freundin, die Tulsi zieht, vielleicht hat  sie eine Pflanze für M. übrig. Jetzt fehlt uns nur noch der Hausaltar. 
Curryblätterstrauch


Ich glaube, ich weiss jetzt auch, weshalb die Leute mich so anstarren. Erstens mal weil ich so weiss bin, dann sicher auch, weil ich graue Haare habe. Hier hat einfach niemand graue Haare! Und drittens vermutlich wegen der Locken, die sieht man hier nicht. Im Film „Lakshmi“ regt sich die Schwester über den zukünftigen Mann von Lakshmi auf: „.. und dann hat er diese lockigen Haare, so „unruly“ – wie ein Dämon!“

 Durga besiegt den kraushaarigen Dämon Mahishasur (http://www.glamcheck.com)