Tuesday 13 November 2012

Aarti

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Aarti ist eine Lichtzeremonie, die jeden Abend um 7 an der Ganga und auch in den vielen Tempeln zelebriert wird. Ein oder mehrere Priester, je nach Ghat oder Tempel, schwingen Kobra-Lampen mit 7 Öllampen, dazu werden die schweren Gongs geschlagen, und manchmal singt ein Sänger dazu. Sehr feierlich und ein wenig hypnotisch, vor allem ausgezeichnet choreographiert. Der Priester dankt dem Gott oder der Göttin für das Licht, das den ganzen Tag  über für uns da war und gibt mit der Zeremonie etwas davon zurück.
Es ist auch eine Huldigung an die Ganga, und am Ende wird man mit gesegnetem Gangawasser besprüht oder bekommt es in die Hand und benetzt damit das Haar, oder man trinkt es. Am Ende des Rituals setzt man die Tonkerzen mit den Malas (Tagetes) in ihren Blätterkörbchen (echt umeltschonend!) auf der Ganga aus,  und langsam treiben sie weg, das sieht wunderbar aus. 
 Das ist Lloyd, er verkauft mir jeweils die Kerzen und  zündet sie mir sogar an. Er hat mich schon am 2. Tag wiedererkannt, und er sagt mir auch warum - your hair is so interesting!
Am Dasawamedh Ghat wird Aarti viel grösser, eindrücklicher, pompöser gefeiert – 5 Priester sind am Werk, hunderte von Gläubigen und Fremden schauen zu. 



Auch mit dem iPad kann man Fotos machen:


Am Aarti im Assi Ghat, die ein wenig wie eine Quartier-Aarti wirkt, gibt es nur einen Priester und zwei Gongschläger. Der Junge, der einem am Ende einen Punkt auf die Stirne drückt, muss lachen, als ich auch anstehe, er gibt ihn mir dann doch.


Sehr berührend ist eine Aarti-Zeremonie nahe unserem Haus - ein Priester, zwei Gongschläger, ein "Glöckner" und etwa 20 Gläubige. 
Der junge Priester vollzieht die zeremoniellen Bewegungen sehr elegant, ganz versunken in seine Welt, ebenso seine Helfer und die Gläubigen. Sie lassen sich auch nicht von der unpassenden Msuik beirren, die aus den Lautsprechern plärrt. Es geht zu Herzen, diese stille Verehrung, diese Selbstverständlichkeit. So macht mir Religion wieder Sinn. Ich stehe etwas abseits, aber einer aus der Gruppe holt mich dazu, damit ich auch von dem geweihten Wasser und Puffreis bekomme.

Die eindrücklichste Aarti-Zeremonie erleben wir im Sankat Mochan Hanuman-Tempel. Alles ist rot von der Zinnoberpaste – die  Säulen und viele Wände, auch Gitter sind dick mit dieser Paste bestrichen. Die Leute schreiben ihre Namen hier drauf, und mit der Zeit verschwinden sie dann im Zinnober-Meer der andern Namen. Wir bekommen auch einen leuchtend roten Punkt auf die Stirne und einige Tulsiblätter (Basilikum), und dann beginnt die Aarti vor dem Rama-Tempel. Ich muss mit den Frauen rechts stehen, die Männer links. Die Gongs werden von zwei Jungs geschlagen, das dröhnt vielleicht! Ein älterer Mann koordiniert das Tempo, abgestimmt auf den Priester. Man gerät total in Trance, vor allem auch, weil wir nur von Gläubigen umgeben sind. Plötzlich wird die Menge mit heiligem Wasser bespritzt, ich kriege auch etwas davon ab. Nun öffnet sich der Korridor der Zuschauer, die Gongschläge steigern sich, ein tiefer Gong kommt dazu und nun wird die Zeremonie mit derjenigen vor dem Hanuman-Tempel koordiniert – bis die beiden Götter sich sehen können. Wir sind alle in Trance - und plötzlich ist es vorbei. In der Stille dröhnen die Gongs nach, ich muss mich zuerst  auf die Erde zurückfinden. Ganz benommen suchen wir den Weg aus dem Tempel – konfrontiert mit den Soldaten, die versuchen den Tempel zu beschützen, und das seit dem Bombenattentat von 2006, bei dem etwa 30 Leute starben. Deshalb keine Fotos von diesem Tempel! Draussen tollen die Affen herum, einer hangelt sich an den Stromleitungen zu einem Haus, und wenn einer auf das Dach der Verkaufsstände springt, gibt das einen ordentlichen Krach! Wir sehen junge Männer, die mit langen Bambusstecken versuchen, die Affen zu vertreiben. Ganz schwierig! Im Alice Boner Haus ist alles vergittert, und man muss auch die Türe zur Terrasse immer wieder schliessen, damit die Affen nicht reinkommen. Alice Boner sass offenbar immer mit einem Stecken bewehrt auf der Terrasse, und wer sie besuchen kam, kriegte als erstes ebenfalls einen Stecken, um die Affen abzuwehren. Die herzigen, süssen Äffchen sind ganz schön angriffige Biester. Nur der Affe, den einer der Bettler an seine Hand gekettet hat, sitzt friedlich da und kaut im gleichen Takt wie sein Herr. Sie gleichen sich sehr.

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