In der näheren Umgebung bewegen wir uns
gerne zu Fuss, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist. Das Trottoir, wenn es denn
eines hat, ist oft zu dreckig und verpisst oder zugeparkt, so dass wir, wie die
meisten andern Leute, auf die Strasse ausweichen. Eingeklemmt zwischen
parkierten Autos, Rikschas, Tuktuks und Autos sucht man sich seinen Weg, hoffentlich ohne
überfahren zu werden. Abends noch etwas gefährlicher, da es nur ganz wenig
Strassenbeleuchtung gibt und nur die Autos und einige Tuktuks über Licht
verfügen. Es lohnt sich auch, auf die Strasse zu achten, denn der Teerbelag ist
nur auf den Schnellstrassen ziemlich flächendeckend. Die Nebenstrassen sind oft
gar nicht (mehr) geteert und voller Löcher. Nichtsdestotrotz wird eifrig
gewischt – unsere Strasse wird jeden Tag von einer Frau im Sari mit einem
Handbesen gewischt. Die Staubwolke bleibt eine Weile hängen.
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Unsere erste Rikschafahrt fand im
Stoßverkehr statt - millimetergenau hat eine neue Bedeutung bekommen! Die
Rikschas sind permanent auf Kollisionskurs mit andern Rikschas, Tuktuks, Autos
– so sieht es wenigstens aus. Ich wäre
schon längst abgestiegen! Aber immer reicht es – keine Schramme. Wie wenn die
Fahrer mit ihrer Rikscha als Körperverlängerung leben, kurven sie so knapp wie
möglich um die andern Verkehrsteilnehmer herum und bremsen nur, wenn es
unvermeidlich ist. Denn dann muss die Rikscha mit den zwei, manchmal sogar drei
Passagieren wieder mühsam in Fahrt gebracht werden. Harte Arbeit! Das Verhandeln
des Preises ist zäh, wenn man es nicht gewohnt ist. Dauernd hat man das Gefühl,
viel zu wenig zu bezahlen. Die Tuktuks heissen hier Autos, und ein Auto ist ein Taxi oder ein Car (mit Driver). Ein Privatauto ist vermutlich ein Car - wir haben ncoh niemanden mit einem eigenen Auto getroffen, ausser dem Schweizer Botschafter mit seinem Botschaftsauto. Aber das ist ein Car mit Driver, und, im Falle des Botschafters, eines Drivers mit Turban. Sehr distinguiert. Der Turban hatte genau die Farbe des Schweizer Fähnchens.
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Vorfahrt? |
Ich bin überhaupt froh, hier nicht fahren
zu müssen – einmal der Linksverkehr, dann fehlen oft Strassennamen (von
Hausnummern ganz zu schweigen) und Wegweiser sind auch sehr spärlich zu
entdecken. Aber mehr Mühe würde mir das permanente Spurwechseln bereiten –
sieht man eine Lücke oder auch nur einen Hauch davon, wird sofort die Spur
gewechselt, und alles mit lautem Hupen oder Klingeln begleitet. Das webt und
mäandert und bewegt sich dauernd von links nach rechts nach links – in der Spur
bleiben gibt es nicht, weil es keine hat, und nebeneinander fahren so viele
Fahrzeuge, wie eben Platz haben. Aussteigen könnte man da nicht. Deshalb gibt
es hier auch fast nur kleine Autos, und wenn mal ein protziges SUV auftaucht,
blockiert es gleich die Strasse. Sie sind hier in dieser Stadt noch sinnloser
als am Züriberg.
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Am gefährlichsten sind die Motorräder, sie
fahren am schnellsten und versuchen sich zwischen allem hindurchzuquetschen.
Oft sitzen hintendrauf Frauen in ihren flatternden Saris, im Damensitz
natürlich, ohne Helm, vielleicht noch ein Kind zwischen sich und dem Fahrer.
Diese Duftigkeit der Stoffe und die wunderbaren Farben stehen in krassem
Kontrast zu Lärm, Abgasen – der Smog!!!! - und dem allgemeinen Verkehrchaos.
Wobei Chaos nicht ganz richtig ist – es funktioniert, nur ist für uns das
Muster (noch) unbekannt.
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Frau im Sari auf Fahrrad |
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Im Taxi |
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Superman |
Die Metro ist sehr modern und angenehm. Bei
unserer ersten Fahrt hatten wir Glück, es fuhr gerade ein Zug ein. In dem Wagen
waren lauter Frauen, in ihren wunderbaren Saris und Kurtas, so schön farbig!
Wir werden natürlich ausgiebig gemustert und betrachtet, immer und überall, also
auch hier. Nachher haben wir dann realisiert, dass wir unsere erste Fahrt im
ausschliesslich für Frauen reservierten Wagen gemacht haben! Peinlich peinlich.
Aber niemand hat reklamiert, gegenüber den Westlern gibt es eine grosse
Toleranz (die haben ja sowieso keine Ahnung). Die Frauenwagen sind mit rosa
Pfeilen markiert. (Wenn man es weiss, sieht man es auch.) In den andern Wagen
überwiegen eindeutig die Männer, und ich werde einfach ausgiebig angeschaut.
Sie schauen einfach, sie starren nicht, es hat nichts Aggressives. Wer ein bisschen Aufmerksamkeit braucht, soll
einfach eine Woche lang in New Delhi Metro fahren!
Bei jeder Station wird man gescannt, Männer
und Frauen getrennt, und jede Station ist bewacht. In einer Sandsackburg sitzt
ein Soldat und hält das Gewehr im Anschlag. Ein bisschen mulmig wir einem da
schon. Auch an Kreuzungen oder belebten Plätzen sieht man diese Sandsackburgen,
und manchmal sind sie besetzt. Es gibt eine starke Polizeipräsenz hier, aber
nicht unangenehm. Wir haben auch einen privaten Securitas vor einem
Kleidergeschäft mit einem Riesengewehr patroullieren sehen, und nachts wird das Viertel engmaschig von
Wächtern kontrolliert. Ihre Trillerpfeifen gehören zu den Nachtgeräuschen.
Ein Polizist in seiner hellbraunen Uniform sass
bei der Metrostation auf einer Bank, das Gewehr nachlässig daran gelehnt, und
ein Junge putzte ihm die Schuhe. Die beiden plauderten miteinander – es wirkte
ganz entspannt. Nein, kein Foto dazu – erstens war ich zu langsam wie so oft,
und zweitens habe ich mich nicht getraut.
So dunkel ist es abends um 9 in der Nähe der Metrostation Lajpat Nagar:
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Lajpat Nagar |
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Supertaxi Nr. 3 |
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Händler mit Driver |
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Rikschafenster |
Und in all dem Menschen-, Fahrrad- und Blechgewirr und Gehupe und Geklingel - da spielen die Kinder Versteckis:
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