Der Blog
beeinflusst meine Fotos – sie scheinen mir vordergründiger, verwendbarer. Hm. Ich
fotografiere viel aus dem Auto oder der Rikscha, auch beim Gehen. Hat alles
seine Tücken – verschmierte Autofenster, ein Kleber am Glas, die Rikscha, die
über die Löcher in der Strasse holpert und mir fast die Kamera aus der Hand
schlägt. Beim Gehen muss man dauernd auf die liegenden Kühe und den Kuhdreck
achten. Stehenbleiben ist ein Kraftakt – man muss sich gegen den Verkehr und
die anderen Fussgänger stemmen. Die Strassen sind meistens eng und die Sicht
auf Gebäude ist verstellt und verhängt
von den hunderten von Stromkabeln. Eine Kipplinse wäre gut! Gestern habe
ich Plakate mit Fotos von Michael von Graffenried gesehen, offenbar war er auch
auf Indienreise. Gute Fotos –die Sujets sind nicht so anders, nur ist er
frecher und getraut sich mehr. Personen zu fotografieren setzt eine gewisse
Hemmungslosigkeit voraus. Ein Hund oder ein Schiff reklamiert nicht ...
Nun zu einigen
Fragen und Rückmeldungen zum Thema „Tiere“.
Ich habe von den Milanen
/ Black Kite geschrieben, die überall kreisen, und dass der Geier nur noch in
der Redewendung „weiss der Geier“ auftaucht.
Früher gab es eine reiche Geierpopulation, unter anderem auch wichtig für
die Parsi wegen der Himmelsbestattungen. Klaus Stuckert hat mir geschrieben,
dass die Geier in Indien zu 99 % ausgerottet sind, vergiftet durch den massiven Einsatz von Diclofenac in der Viehzucht. Vielleicht haben die Schwarzmilane auch den
Bestattungsdienst für die Parsi übernommen. Das würde passen, denn die in
Indien verbreitete Milanart heisst „Govinda“, ein anderer Name Krishnas. Das
Buch „Chronicle of a Corpse Bearer” von Cyrus Mistry, das
mir Klaus empfohlen hat, gibt es in der Buchhandlung hier nicht. Yogabücher zu
Hauf, auch europäische Literatur (Kafka!) und viel Amerikanisches. Aber wenig
indische Bücher, schade.
Den Hunden geht
es auf den ersten Blick nicht allzu schlecht, sie sehen nicht so schlimm aus
wie die Streuner in Spanien zum Beispiel. Sie werden auch gefüttert, mit altem
Toast oder Essenresten. Auf der Strasse fühlen sie sich sicher und schlafen oft
gefährlich nahe am Verkehr, aber hier gilt dasselbe wie bei den Büffelkühen – die
werden verschont. Aber wehe, wenn einer zu nahe kommt – dann werden sie sofort getreten.
Kinder finden es offenbar lustig, Hunde anzulocken und dann mit grossen Steinen
zu bewerfen. Deshalb sind alle auch sehr scheu und schauen einen mit dieser
Mischung aus Betteln und Angst an, jederzeit bereit zu fliehen. Jetzt scheint
Wurfzeit zu sein, viele Hunde versuchen ihre Welpen durchzubringen.
Am Morgen,
auf dem Weg zum Yoga, sehen wir die
Hunde an ihren verschiedenen Plätzchen – in der warmen Asche einer Feuerstelle,
im Sand, in einem Korb auf dem Misthaufen, oder als Wärmeflasche für einen der Armen, die draussen schlafen – auf
Brettern, Bänken, nur in ein Tuch gehüllt.
Oft hört man Hunde jaulen, vor allem
nachts. Meist sind es Hundekämpfe, aber auch die Menschen haben keine
Hemmungen, wenn es niemand sieht. Nur die Welpen finden alle „herzig“.
Ja, die Kühe
laufen frei in der Stadt herum. Eigentlich müsste ich Büffelkühe schreiben,
normale Kühe gibt es hier weniger. Und ja, sie gehören jemandem, aber die
meisten haben keine Ställe für ihr Vieh und binden die Kühe und Kälber einfach vor
dem Haus an oder am Strassengeländer und lassen sie auf der Strasse schlafen. Ohne
Stroh, einfach auf dem Beton, dem Pflaster oder der nackten Erde. Dabei werden
sie so kurz angebunden, dass jedem Schweizer Tierschützer das Herz bricht.
In
der kalten Zeit bekommen einige Kälber immerhin eine Decke. Zu fressen bekommen
sie offensichtlich genug, so eine Häckselmischung aus Stroh, Gras und was weiss
ich, sie haben jedenfalls alle einen „Häckselschnauz“, und genügend Misthaufen hat
es hier auch. Die Leute werfen ihre Essenreste den Kühen zu, leider in
Plastiksäcken. Einmal habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und einem
Italiener gesagt, er soll doch bitte das Grünzeug herausnehmen, aber die Kuh
hat den Sack nicht mehr hergegeben!
Generell sind die Leute gleichgültig den Tieren gegenüber, sie dulden oder nutzen sie. Die Kühe können mitten in der Strasse liegen, und der Verkehr navigiert um sie herum. Aber wenn eine Kuh dann zum Misthaufen unter der frischgewaschenen Wäsche wandern will, dann werden die Leute aktiv: sie brüllen, werfen Steine und schlagen die Kühe, um die frische Wäsche oder die Bananen zu retten. Das machen die Kühe auch gerne – schnell ein Maul voll Spinat vom Wagen des Gemüsehändlers oder einige Bananen schnappen.
Der Kuhmist wird
getrocknet und zum Feuern gebraucht. Kleine runde „Tätschli“ sind handgross,
mit einem Fingermuster. Grössere werden leicht gebogen getrocknet, damit sie in
den kleinen Feuerstellen auch Platz haben. Eigentlich müsste man das
Kuh-Art oder Dung-Art nennen, die
Trocknungsplätze „lebendige Alltagskunst“, die sich von Besuch zu Besuch
verändert. Irgendwann kommt ein Künstler und macht daraus eine
Kunstinstallation in der Schweiz.
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